Symmetrie

 

 

Wie eine Gerade lag mein Leben vor mir,

bis fast vor ‚nem Jahr.

Die Basis, die Achse war fix – alles klar.

 

Doch plötzlich begann sich die Achse zu krümmen,

der Gleichklang, die Richtung schien nicht mehr

zu stimmen.

Abrupt brach er ab, der Leitstrahl des Lebens,

ich suchte Halt, verzweifelt – vergebens.

 

Verrückt war die Zeit, gelernt hab’ ich viel.

Vor allem das Leben, das ist das Ziel.

Nicht Beruf, nicht Geld, nicht Status und Macht –

Nur die Menschen sind wichtig –

Nie hätt’ ich’s gedacht.

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Der Kreis, das Dreieck, der Rhombus, das Quadrat –

Eine jede Figur seine Formel hat.

Doch die Formel des Lebens – ich weiß, dass Du’s weißt –

Ist nicht zu berechnen mit Hirn und mit Schweiß.

Die Formel des Lebens, die Achse zum Glück,

schreibt jeder selbst, nach vor und zurück.

 

Ich brauchte lange, um den Mut zu finden,

die Linie zu ziehen und mich neu zu binden.

Noch weiß ich nicht, ob die Formel auch stimmt,

doch weiß ich heute, dass ein Jeder gewinnt,

der es wagt zu setzen den Schritt nur VORAUS,

ohne Blick nach hinten mit Angst und mit Graus

 

 

Den Mut jemand mehr zu zeigen als andere sehn,

einem Menschen zu trauen, auf ihn zuzugeh’n,

das alles scheint einfach, normal und geschickt,

doch ist es nur möglich, wenn nach vorne man blickt.

 

Heut’ bin ich froh, dass Stimmen mir sagten:

„Hey, schau mal dort, das Mädchen im Garten!

Schau dir mal an, wohin sie nun geht, vielleicht

Kannst Du sehen, wo ihr Wagen steht.“

 

Doch geschlossen hätt’ sich niemals der Kreis,

hätt’ nicht das Mädchen geschrieben

mit viel Neugier und Fleiß,

eine Karte mit Witz und mit Charme

um mich geistig zu nehmen am frustrierten Arm

und zu sagen:

„Hey, wach auf! Laß uns mal sehn,

ob die Symmetrie stimmt, um ein Stück des Lebens

gemeinsam zu gehen.“

 

-

 

Wie eine Gerade lag mein Leben vor mir,

bis fast vor ‚nem Jahr.

Die Basis, die Achse, war fix – alles klar.

 

Heut’ scheint es die Achse nicht mehr zu geben

Doch ich erlebe es neu, ganz neu – mein Leben.

 

DU bist die Formel, das x und das p (pie),

DU bist die Wurzel – ganz klar –

 

Symmetrie


E.T., Weihnachtsgedicht 1995